„Es geht nicht um ROMANTIK, sondern um REALITÄT“

BBV-Veranstaltung fordert klare Perspektiven für die Landwirtschaft

Edenland – Bei einem Infoabend des Bayerischen Bauernverbands (BBV) sprach Hubert Bittlmayer, Amtschef das Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus, offen über die Zukunft der Landwirtschaft in Bayern. Unter dem Titel „Wie unterstützt Bayern seine bäuerlichen Familienbetriebe – Zukunftsperspektiven aus Sicht des STMELF und Tourismus“ stellte er die aktuelle Lage der Landwirtschaft sachlich, deutlich und mit konkreten Vorschlägen dar.

BBV-Kreisobmann Georg Sachsenhauser begrüßte alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Worten: „Wir wollen heute nicht nur hören, was nicht funktioniert, sondern vor allem darüber sprechen, wie es weitergehen kann.“

Bittlmayer zeichnete ein realistisches Bild der Lage: Viele Betriebe arbeiten am Limit – finanziell, organisatorisch und mental. Die gesellschaftlichen Anforderungen an Umwelt-, Klima- und Tierschutz steigen, während die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oft nicht mithalten. Dabei machte er deutlich, dass die Probleme nicht erst seit gestern bestehen. Seit Jahren ist ein Rückgang der Betriebe zu beobachten, insbesondere im Bereich der familiengeführten Höfe. Zwischen 2010 und 2020 sei die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe in Bayern um rund 20 % gesunken – ein Trend, der sich laut Bittlmayer ohne Kurskorrektur fortsetzen werde.

Besonders deutlich wird das Ungleichgewicht beim Blick auf die Preisentwicklung: Während Verbraucherpreise teils leicht steigen, sind die Erzeugerpreise für viele landwirtschaftliche Produkte über Jahre hinweg gesunken oder stagnieren. Die Schere zwischen Aufwand und Erlös geht immer weiter auseinander. Zugleich belasten steigende Energiepreise, der Mangel an Fachkräften und eine wachsende Bürokratie die Betriebe. Hinzu kommt eine Vielzahl an gesetzlichen Vorgaben, die sich in der betrieblichen Realität oft nur schwer umsetzen lassen – viele Regelungen stehen laut Bittlmayer im Widerspruch zum landwirtschaftlichen Alltag und sorgen für zusätzliche Verunsicherung.

Die Bürokratie erweist sich – wie bereits erwähnt – als zentrales Problem. Die aktuelle Förderlandschaft sei zu komplex, viele Betriebe würden sich in Formularen und Vorschriften verlieren. Es brauche keine weiteren Programme, sondern bessere – einfacher, nachvollziehbarer, praxisnäher. Bittlmayer machte deutlich, dass die Politik ihre Lektion gelernt habe: Als konkrete Handlungsschwerpunkte nannte er langfristige politische Verlässlichkeit, Vereinfachung, spürbaren Bürokratieabbau und gezielte Förderung zukunftsfähiger Betriebsmodelle, sowie vor allem Planungssicherheit. „Wer heute z. B. einen Stall plant und baut, braucht auch die Sicherheit, dass dieser in den nächsten 20 Jahren Bestand hat. Es kann sich kein Landwirt leisten, alle zwei bis fünf Jahre umzubauen – das macht die Betriebe kaputt“, so Bittlmayer. Die Politik müsse hier für Klarheit und Verlässlichkeit sorgen. Der Freistaat wolle daran arbeiten und die Bürokratie spürbar senken. Ebenso forderte er einen intensiveren und respektvolleren Dialog zwischen Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Auch die zunehmende Entfremdung zwischen Stadt und Land sprach Bittlmayer offen an. Viele Landwirte hätten das Gefühl, in der öffentlichen Debatte pauschal kritisiert oder moralisch verurteilt zu werden, obwohl sie unter großem Druck ihren Beitrag zur Versorgung und zum Erhalt der Kulturlandschaft leisten. Ein Schlüssel liegt in der aktiven Kommunikation – etwa durch Direktvermarktung, Hofführungen oder die Nutzung sozialer Medien. „Die Landwirtschaft muss ihre eigene Geschichte erzählen – ehrlich, verständlich und nah an den Menschen.“

Landwirtschaft im Wandel – eine Stärke der Branche

Amtschef Bittlmayer betonte in seiner Rede nicht nur die Herausforderungen, vor denen die Landwirtschaft aktuell steht, sondern hob auch deren beeindruckende Wandlungsfähigkeit hervor. „Es gibt kaum eine Branche, die sich über Generationen hinweg so erfolgreich angepasst hat – an Märkte, Technologien, gesellschaftliche Erwartungen und politische Rahmenbedingungen – und dabei dennoch ihre Identität bewahrt hat“, so Bittlmayer.

Er würdigte besonders die junge Generation von Landwirtinnen und Landwirten: „Sie sind hervorragend ausgebildet, offen für Innovationen, und bringen eine bemerkenswerte Mischung aus Kreativität, Fachwissen und Unternehmergeist mit. “Gerade in Zeiten großer Umbrüche sei dies ein Hoffnungszeichen: „Wenn eine Branche Wandel leben kann, dann ist es die Landwirtschaft. Und deshalb bin ich überzeugt: Sie wird auch künftig ihre Rolle als Rückgrat unseres Landes kraftvoll und mit Stolz ausfüllen.“

Um all diese genannten und weiteren Herausforderungen zu meistern, braucht es Landwirte, die mit Selbstbewusstsein auf ihre Fähigkeiten setzen, mutig anpacken und offen für Veränderungen sind – und dabei auch bereit sind, Entscheidungen zu treffen.

Zum Abschluss stellte Bittlmayer klar: „Es geht nicht um Romantik, sondern um Realität. Und die verlangt nach Klarheit, Respekt und Zusammenarbeit.“

Foto: Theresa Nitzl

 

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